Folliculitis Decalvans ist eine seltene, vernarbende Alopezie bei der eine chronische Entzündung der Haarwurzeln zu einem Verlust der Haare durch den anschließenden Ersatz mit Narbengewebe erfolgt. Das hat zur Folge dass der Haarverlust nicht reversibel ist, d.h. die Haare wachsen nicht mehr nach sodass der Haarverlust, wenn er eintritt, nicht mehr rückgängig zu machen ist. Häufig sind Scheitel und Hinterkopf betroffen, aber auch andere Regionen wie das Gesicht oder die Achseln können, allerdings weitaus seltener, betroffen sein.1,2,3
Verlauf und Erscheinungsbild
Zu Beginn der Erkrankung treten Rötungen und Papeln bzw. Knoten an den Haarwurzeln auf die sich später auch zu klassischen Pickeln bzw. Pusteln weiterentwickeln. Werden diese Hautveränderungen nicht behandelt, breiten sich die betroffenen Areale meist kreisrund um das Entzündungszentrum aus. Es können ebenfalls blutende Krusten bzw. Blutungen auslösende Krusten, Juckreiz und Schmerzen sowie brennende Empfindungen der Kopfhaut auftreten. Bei weiter fortschreitendem Verlauf können die o.g. Entzündungen entsprechende Narben hinterlassen, die mit einem Haarausfall verbunden sein können. Allgemein kann der Haarausfall nicht vorausgesagt werden, allerdings steigt das Risiko für Haarausfall bei fortschreitendem Verlauf der Krankheit weiter an, sodass ein Verlust der Haare bei fehlender oder nicht ausreichender Behandlung der Entzündungen als sehr wahrscheinlich angesetzt werden kann.1,2,3
Abschließend sei noch erwähnt, dass diese Krankheit sehr langsam verlaufen kann, sodass man dazu neigen kann, die Auswirkungen zu unterschätzen bis es zu spät ist.
Ursachen und Entstehung
Zu den genauen Ursachen der Entstehung von FD ist sich die wissenschaftliche Forschung in der Medizin insgesamt noch nicht einig. Bei einem Großteil der Betroffenen konnte allerdings das Bakterium Staphylococcus aureus nachgewiesen werden. Daher wird diesem Bakterium im Zusammenhang mit der Erkrankung an FD eine zentrale Rolle zugewiesen, auch wenn das Bakterium bei ca. 30% der Bevölkerung auf der Haut vorkommt und natürlich nicht alle an FD erkrankt sind. Daher müssen zwangsläufig andere Faktoren eine Rolle spielen. Hierbei sind derzeit eine gewisse genetische Prädisposition, die eine insgesamt für die Ansiedlung von Bakterien vorteilhafte Öffnung der Haarfollikel begründet sowie eine Immunüberreaktion, die dafür sorgt, dass besonders viele weiße Blutkörperchen angelockt werden und somit das Entzündungsgeschehen an den Haarfollikeln weiter anheizt.1,2,3 Zusammenfassend lassen sich also die folgenden beiden Kategorien für mögliche Gründe destillieren:
- Bakterieller Infekt
- Autoimmunreaktion
Dabei ist derzeit nicht klar, inwiefern die Krankheit durch den einen oder anderen Grund ausgelöst und / oder verstärkt wird. Auch ist nicht klar, ob bzw. welche weiteren Faktoren möglicherweise eine Rolle für die Entstehung der Krankheit spielen.
Ein in einigen Studien und durch viele Erfahrungsberichte belegter initialer Auslöser kann in einer Schock-Situation bestehen, die den Körper und das Immunsystem entweder physisch oder psyschich überlastet wodurch die Krankheit eine Gelegenheit bekommt sich zu manifestieren. Das kann beispielsweise eine zeitweise Überlastung des Immunsystems sein (wie bei mir durch die Desensibilisierung) oder durch eine psychische Überlastung, die sich ebenfalls auf das Immunsystem auswirken kann. Quellen
Behandlungsmethoden der klassischen Medizin
Die klassische Behandlung legt den bakteriellen Infekt als Entstehungsursache zugrunde und verfolgt daher das primäre Ziel, das Bakterium Staphylococcus aureus auf der Haut der Betroffenen auszulöschen. Dies geschieht in der Regel durch eine antientzündliche Therapie meist in Verbindung mit einer antibiotischen Therapie. Beide Therapien sowie deren Kombination können sowohl nur äußerlich, nur intern (systemisch) oder jeweils aus einer Kombination von äußerlicher und innerlicher Anwendung bestehen, wobei meist zunächst mit einer äußerlichen Behandlung gestartet wird um den Einfluss auf den Körper gering zu halten.4 Da die Therapien jeweils von Ärzten individuell festgelegt werden, können an dieser Stelle keine Angaben zu exakten Dosierungen von spezifischen Wirkstoffen und/oder Medikamenten gemacht werden. Einen Überblick über gängige Therapien sind der Rubrik Wissenschaftliche Studien aufgeführt und zusammengefasst.
Neuere Therapieansätze zielen auf die Autoimmunreaktion als Entstehungsursache ab und versuchen durch unterschiedliche Wirkmechanismen, das Immunsystem so zu beeinflussen, dass die vermeintlich Verantwortlichen Reaktionen für die Entzündungen der FD abgestellt werden. Hierzu werden meist Präparate verwendet, bei anderen Hautkrankheiten erfolgreich eingesetzt werden.1,14,15,17
Einen Überblick zu neuen Therapieansätzen gibt es ebenfalls in der Rubrik Wissenschaftliche Studien.
Allen Therapieansätzen liegt jedoch zugrunde, dass diese die Symptome nicht dauerhaft abstellen können, sondern häufig nur für die Dauer der Behandlung sowie einer beschränkten Zeit nach der Behandlung wirken. Die auftretenden Rückfälle sind häufig stärker ausgeprägt als zu zuvor. In einigen Fällen ist die Symptomfreiheit über einen besonders langen Zeitraum zu beobachten.1-26
Persönliche Einschätzung und Meinung zu den Therapieansätzen
Die folgenden Ausführungen stellen meine persönliche Meinung dar und sind in keinster Weise als medizinischer Ratschlag zu verstehen. Jeden Schritt den Ihr durchführt solltet ihr mit eurem Arzt zuvor besprechen. Ich verweise hierzu auch nochmals auf den Haftungsausschluss.
Wie auch in der Rubrik Wissenschaftliche Studien gezeigt beschränken sich die Therapien auf die Bekämpfung der auftretenden Symptome. Auch wenn neuere Ansätze darauf abzielen das Immunsystem zu beeinflussen, bin ich nach wie vor der Überzeugung, dass die Regulierung des Immunsystems nicht dauerhaft durch äußerliche Einflüsse geschehen sollte. Der Körper verfügt über enorme Heilungskräfte die durch unterstützende Maßnahmen dazu genutzt werden sollten, die Ursachen von Krankheiten zu bekämpfen und den Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Das soll in keinster Weise bedeuten, dass ich konsequent gegen jegliche Form der klassischen medizinischen Behandlung bin. Ganz im Gegenteil. Der Fortschritt der in den letzten Jahren in der medizinischen Forschung erreicht wurde ist enorm und unglaublich wichtig für die Behandlung von akuten Krankheitszuständen aller Art. Ich möchte lediglich zum nachdenken anregen: Wenn eine Therapie darauf abzielt, die Symptome zeitbeschränkt zu beseitigen ohne gleichzeitig einen Ansatz für eine dauerhafte Linderung zu liefern, sollte man sich fragen ob dies der langfristig richtige Weg ist. Ich für meinen Teil bin zu dem Entschluss gekommen, dass man dieser Krankheit langfristig irgendwie anders begegnen muss.
Wissenschaftliche Studien
Obwohl Folliculitis Decalvans eine seltene Erkrankung ist, gibt es zumindest einige Studien zu unterschiedlichen Therapieansätzen. Die meisten Studien verfügen jedoch aufgrund der Seltenheit der Erkrankung über eine qualitativ und quantitativ nicht ausreichende Datenbasis, sodass die Ergebnisse der Studien wie in der Wissenschaft üblich, kritisch reflektiert werden müssen. Ferner sind die durchgeführten Studien in den meisten fällen retrospektiv durchgeführt worden. Dass heißt die Datenerhebung die der Studie zugrunde liegt hat bereits begonnen bevor die Studie begonnen wurde. Dadurch können zum einen Voreingenommenheiten (“bias”) der Wissenschaftler auftreten und zum anderen werden in den allermeisten Studien keine Kontrollgruppen aufgeführt und dadurch auch keine Blindstudien oder Doppelblindstudien ermöglicht. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung ist dies ein Faktor mit dem wir leben müssen und den man bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigen sollte.
Unten aufgeführt ist eine tabellarische Übersicht in der ich die Studien gemäß deren Therapieansatz versucht habe zu gruppieren. Ich habe hierbei viel auf die Meta-Studie von Rambhia et al. zurückgegriffen, die einen guten Überblick über den Stand der Studien bis 2019 geben. Dort werden insgesamt 20 Studien mit unterschiedlichen Therapieansätzen mit insgesamt 282 Patienten gegenübergestellt. Es wird auch sehr deutlich auf die mangelnde Qualität der vorliegenden Daten aufgrund der oben aufgeführten Daten hingewiesen. Die Ergebnisse der Meta-Studie sind mit in die Darstellung unten eingeflossen.
Eine Liste der zugehörigen Studien mit entsprechender Verlinkung findet sich ebenfalls unten. Viele der Studien sind leider nicht als Open Source Studien verfügbar. Für diejenigen die gerne selbst nachlesen wollen und sich mit wissenschaftlichen Studien nicht so auskennen: Jedes wissenschaftlich veröffentlichte Dokument hat einen eindeutigen DOI (digital object identifier) mit der das Dokument identifiziert werden kann. Mit ein bisschen Google-Suche solltet ihr schnell darauf kommen, wie ihr auch an die kostenpflichtigen Artikel ohne Probleme herankommt. (noch direkter kann ich euch leider nicht darauf hinweisen)
Insgesamt habe ich in der tabellarischen Übersicht unten 26 Studien mit in Summe 293 Patienten zusammengefasst aufgeführt und die verwendeten Studien unter der Zusammenfassung eingefügt. Die Summe der einzelnen Patienten geht nicht komplett auf, da teilweise Patiente mit unterschiedlichen Therapieansätzen in den Studien behandelt wurden, sodass Patienten hier in diesem Sinne als Therapieansatz je Patient zu verstehen ist. Über alle Studien hinweg konnte bei 81% (238/293) der Patienten eine Remission der Symptome erzielt werden. Bei 63% (149/238) der Patienten sind die Symptome nach Absetzen der Medikation wieder aufgetreten (Rezidivität). Bei 20% (47/238) Patienten gab es keine Angaben darüber ob die Symptome der FD nach absetzen der Medikation wieder aufgetreten sind. Bei 18% (42/237) der Patienten konnten im Beobachtungszeitraum keine Symptome mehr festgestellt werden oder die Patienten befanden sich in einer kontinuierlichen Behandlung, meist mit Isotretinoin in geringer Dosierung.
Aufgeteilt auf die einzelnen Therapieansätze habe ich die gemittelten Werte bzgl. Remission und Rezidivität in einer Zusammenfassungstabelle darunter eingefügt. Die Therapien mit Antibiotika oder einer Kombination von Antibiotika und Steroiden haben bei 85% (144/169) der Patienten eine Remission bewirkt. Bei 63% (90/144) der Patienten sind die Symptome nach absetzen der Therapie allerdings wieder aufgetreten. Zu 26% (38/144) der Patienten lagen keine Angaben dazu vor, ob die Symptome wieder aufgetreten sind.
Die Therapien mit ausschließlichem Einsatz von Steroiden haben bei 71% (15/21) der Patienten eine Remission bewirkt. Bei 93% (14/15) der Patienten sind die Symptome nach absetzen der Therapie allerdings wieder aufgetreten. Zu 7% (1/15) der Patienten lagen keine Angaben dazu vor, ob die Symptome nach absetzen der Therapie wieder aufgetreten sind.
Behandlungsansätze mit Isotretinoin haben bei 82% (54/66) der Patienten zu einer Remission geführt und bei 52% (28/54) zu einer Rezidivität nach absetzen der Behandlung. Zu 2% (1/54) der Patienten lagen keine Angaben über die Rezidivität vor. Bei den restlichen Patienten wurde die Therapie in geringer Dosis anhaltend fortgeführt ohne bis zum Beobachtungszeitraum Rezidive festzustellen.
Ansätze mit Photodynamischer Therapie oder Lasertherapie haben bei 73% (16/22) der Patienten zur Remission geführt. Bei 69% (11/16) der Patienten sind die Symptome wieder aufgetreten. Zu 25% (4/16) Patienten lagen keine Angaben zur Rezidivität vor. Bei 6% (1/16) der Patienten sind 25 Monate nach der Behandlung noch keine Symptome festzustellen.
Bei immunmodulierenden Ansätzen, d.h. das Immunsystem beeinflussenden Ansätzen liegt die Remission bei 100% (8/8) der Patienten während der Anwendung. Bei 63% (5/8) der Patienten sind die Symptome nach absetzen der Behandlung wieder aufgetreten. Bei 37% (3/8) der Patienten lagen keine Angaben in den Studien zur Rezidivität vor.
Die verbleibenden 7 Patienten der Gesamtheit der Studien verteilen sich auf exotischere Ansätze, bei denen bis auf die Behandlung mit medizinischem Honig von Yeh et al. keiner eine Remission erzielt hat.
Die oben gemachten Zusammenfassungen und Abstraktionen sind bitte kritisch zu betrachten. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Rahmenbedingungen sowohl der Patienten als auch der durchgeführten Studien können hier natürlich deutliche Verschiebungen in den Daten vorliegen. Mir war es aber wichtig die Daten einmal so abstrahiert darzustellen, denn der Fakt, dass es derzeit noch keine sichere und vor allem dauerhafte Behandlungsmethode in der klassischen Medizin gibt wird dadurch unterstrichen und gilt meines Erachtens nach auch wenn einige Ungenauigkeiten in den Daten vorliegen sollten.
Quellen
- Fässler et al.: Successful treatment of refractory folliculitis decalvans with apremilast; 2020
- Rambhia et al.: Updates in therapeutics for folliculitis decalvans: A systematic review with evidence-based analysis; 2019
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- Miguel-Gomez et al.: Folliculitis decalvans: effectiveness of therapies and prognostic factors in a multicenter series of 60 patients with long-term follow-up; 2018
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- Miguel-Gomez et al.: Treatment of folliculitis decalvans with photodynamic therapy: results in 10 patients; 2015
- Ismail et al.: Intravenous human immunoglobulin for treatment of folliculitis decalvans; 2015
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- Kaur et al.: Folliculitis decalvans: successful treatment with a combination of rifampicin and topical mupirocin; 2002
- Kunte et al.: Folliculitis spinulosa decalvans: successful therapy with dapsone; 1998
- Pimenta et al.: Successful treatment with fusidic acid in a patient with folliculitis decalvans; 2019
- Wrobel et al.: Folliculitis decalvans – a case study and an overview of literature; 2018
- Yeh et al.: Resolution of folliculitis decalvans with medical honey; 2019